Am Brömmelkamp entsteht nicht einfach nur ein Haus mit zusätzlichen Pflegeheimplätzen. Die Diakonie setzt dort künftig auf ein neues Konzept, sich um Menschen mit spezieller Biografie zu kümmern.
Dirk Reitmeister
Kästorf. Ein 7,5-Millionen-Euro-Projekt wächst gerade in Kästorf aus dem Heidesand. Die Diakonie erweitert ihr Pflegeheim Am Brömmelkamp um einen großen Neubaukomplex. Am Donnerstag feierte sie Richtfest.
Nein, mit dem Christinenstift ist der Brömmelkamp nicht zu vergleichen. Die Zielgruppe in dieser Pflegeeinrichtung ist eine ganz andere, erklärt Kerstin Gödecke von der Pflegedienstleitung. Am Brömmelkamp betreut die Diakonie Menschen, die schon vorher im Leben nicht auf der Sonnenseite standen. Menschen mit seelischen oder psychischen Einschränkungen, etwa durch Suchtproblematik.
„Wir haben junge Alkoholiker, wir haben alt gewordene Alkoholiker“, nennt Gödecke Beispiele. Der Altersdurchschnitt im Pflegeheim am Brömmelkamp betrage 62 Jahre, der im Christinenstift dagegen 82 Jahre. Neulich sei ein Bewohner gestorben, den die Diakonie 48 Jahre betreut habe.
Mit dem Neubau mit 72 Einzelzimmern soll am Brömmelkamp ein neues, offenes Konzept einziehen, sagt Vorstand Dr. Jens Rannenberg. „Wir haben hier ein spezifisches Pflegekonzept.“ Die Diakonie will die Bewohner in ihren Alltag enger einbeziehen, weshalb die entsprechend zu planende Küche bei den Baukosten zu Buche schlage. Gödecke: „Sie kochen mit, sie helfen dem Hausmeister im Garten und der Pflegekraft beim Verteilen der Wäsche.“
Allerdings ohne Zwang, schränkt Rannenberg ein: „Sofern sie das wollen.“ Viele wollten aber, so Gödecke. Sie suchten eine Beschäftigung.
Das neue Konzept gilt dann nicht nur im Neubau. „Wir werden es im gesamten Brömmelkamp zur Anwendung bringen“, sagt Rannenberg. Dann werden auch die Hagenhof-Bewohner rüber ziehen, und der Hagenhof werde zu einem Wohnangebot.
Rannenberg sieht die Diakonie mit dem neuen, offenen Konzept für Pflegeheimbewohner mit seelischen und psychischen Einschränkungen auf einem guten Weg. Das Interesse daran sei bundesweit. „Wir bekommen Anfragen auch aus Bayern.“ Das Interesse war am Donnerstag auch am Richtfest groß. Zahlreiche Besucher aus dem öffentlichen Leben und Vertreter der am Bau beteiligten Institutionen waren dabei. Architekt Ole Saalmann erläuterte das Gebäudekonzept mit zwei fast 100 Meter langen Häusern, ähnlich dem bestehenden Brömmelkamp-Ambiente. „Durch Vor- und Rücksprünge gegliedert, so dass kein langer Schlauch entsteht.“ Vorstand Hans-Peter Daub versicherte: „Wir versuchen hier Pflege so zu gestalten, wie wir sie selbst auch in Anspruch nehmen würden.“
Stellvertretender Bürgermeister Thomas Reuter lobte „die beeindruckend Bauleistung“. Insbesondere, weil sich der Baustart verzögerte wegen eines besonderen Grases, das nun an anderer Stelle ausgesät werden musste. „Einer Inbetriebnahme im Sommer 2020 wird nun aber nichts mehr im Wege stehen.“